Trainer

Und wieder entfacht sich in 2021 eine Diskussion um Trainer. Die Turntrainerin des Olympia Stützpunktes in Chemnitz Frehse ist zu hart und überschreitet körperliche und psychische Grenzen.

Wer aber das Eine will, muss zwangsläufig das Andere dulden.
Wenn ich als Spitzensportler Olympisches Edelmetall gewinnen will, muss ich alle Qualen der Welt aushalten können. Ansonsten sollte ich mir ein anders Betätigungsfeld aussuchen.

 

Was ist ein wahrer Trainer.

(Hierbei meine ich nicht die ganzen Möchtegern- Trainer oder Übungsleiter, die sicherlich auch eine gute, oft ehrenamtliche und unverzichtbare Arbeit leisten. Ich meine die Trainer, die ihr Wesen als Mensch, die ihre innere Leidenschaft, die ihr Leben und ihre Lebensweise dieser Philosophie Trainer hingegeben haben.)

Ein Trainer ist eine zu tiefst gehasste und abgöttisch geliebte Person. Ein Trainer wird nicht gemacht. Ein Trainer wird als Trainer geboren und lebt sein Leben lang mit dieser Gabe. Egal, ob er sie mal abrufen kann oder nicht.
Ein Trainer ist ein Krieger. Er bekämpft stets und ständig seinen und des Sportlers inneren Schweinehund. Er kämpft gegen die immer wiederkehrende Trägheit und gegen das eine oder andere physische Gesetz.
Wer aber einmal als Trainer gearbeitet hat, kommt davon niemals mehr los.
Der innere Kampf, die ständige Auseinandersetzung mit den Elementen, der Perfektionismus auf seinem Spezialgebiet, der Wille zum Sieg wird dich nie mehr verlassen. Das ist Freude, aber auch Fluch. Ein Trainer sucht ständig und stetig nach effektiven, bewährten Lösungen. Trainer ist man Tag und Nacht. Da gibt es keine geregelte Arbeitszeit. Trainer sein ist Verschleiß. Trainer opfern sich auf.
Ein Trainer verschmilzt mit seinen Athleten. Er leidet mit ihnen die Qualen des Trainings, des Wettkampfes und oft darüber hinaus. Ein Trainer fühlt den Schmerz des Sportlers. Ein Trainer leidet bei Niederlagen. Aber ein Trainer muss hart, diszipliniert und unnachgiebig sein. Ein Widerspruch, an dem viele Trainer selbst scheitern. Dort trennt sich aber die Spreu vom Weizen. Ein Trainer genießt oft viel kürzer die Zeiten des Erfolges und des Ruhmes seiner Athleten, wie sie selbst. Der Trainer ist der eigentliche Macher der Erfolge. Er ist in der Lage, die Fähigkeiten der Athleten so auszunutzen, so zu perfektionieren, dass der Erfolg möglich wird. Ein Trainer genießt das uneingeschränkte Vertrauen seines Schützlings. Wenn dieses Vertrauensverhältnis missbraucht oder gestört wird, ist kein Erfolg möglich.
Ein Trainer ist der „Harte Macher“. Seine Tätigkeit ist zum großen Teil Psychologie.
Ein Trainer darf sich nicht verbiegen. Er muss nach außen hin unantastbar sein. Seine erfolgreiche Strategie darf er nicht verlassen.
Ein Trainer kann oft nicht verstanden werden.
Vorgesetzte, Demokraten, Politiker, Funktionäre, Außenstehende haben keinerlei Einblick in die Arbeitsweisen von Trainern. Ein Trainer muss unabhängig sein. Denn ein Trainer im Spitzensport arbeitet immer in der Todeszone, wie ein Alpinist über 8000m Höhe, wie ein Turner mit einem Salto über der Reckstange, wie ein Eiskunstläufer beim Vierfachsprung, wie ein Alpine Rennläufer bei der Abfahrt mit 140 km/h und 70m Sprüngen, wie ein Skiflieger bei einem 200m Satz, wie beim Free Styling mit Dreifachsalto und Schrauben oder bei einem Ausdauerläufer mit einem Puls über 200 Schlägen. Ein Trainer im Spitzenbereich, egal ob bei Kindern, bei Jugendlichen oder bei Erwachsenen, bewegt sich immer auf einem ganz schmalen Grat von möglich Machbarem und unkalkulierbarem Risiko. Deshalb muss ein Trainer auch außergewöhnliche Erfahrungen sowie theoretische und praktische Fähigkeiten und Fachkenntnis besitzen.
Trainer sind oft auch gar nicht die besten, ehemaligen Spitzensportler. Die besten Trainer sind einfach die dafür berufenen, qualifizierten Personen, die mehr oder weniger selbst ihre Erfahrungen in diesem Bereich sammeln konnten. Ein Trainer ist ein Vermittler und ein Macher. Ein Trainer muss Spitzenleistungen entwickeln können. Dafür geht man sehr oft grenzwertige Pfade. Aber Spitzensportler entwickelt man nicht am Stammtisch bei einer Zigarette und einem Bierchen. Spitzensport ist abartige, perverse, körperliche und psychische Quälerei, die oft das Limit des Machbaren herausfordert. Auf Dauer ist das auch nicht gesund und erstrebenswert. Aber Hochleistungssport ist eben auch ein Stück Sucht.
Das differenziert natürlich von Sportart zu Sportart schon gewaltig. Eine Sportart wie Fußball ist nicht vergleichbar mit dem modernen Abfahrtslauf. Da wirken einige Sportarten schon eher moderat und langweilig. Leider ist es eben nicht so, dass Extremsportarten auch automatisch die extrem bestbezahltesten Sportarten sind. Auch diese Ungerechtigkeit muss ein Spitzensportler aushalten.
Wer das aber möchte und aushält, der kann Spitzensport betreiben.
Aber das werden immer weniger Menschen. Der kaufbare und damit leicht erhältliche Luxus auf der Welt verdrängt die menschenfeindliche Schinderei.
Oft sehen wir die Entlastung der Spannung bei Sportlern auf dem Siegerpodest, wenn die Tränen fließen. Freudentränen gepaart mit dem Loslassen der gesamten Anspannung lassen den Emotionen dann freien Lauf. Diese Last der tausend Entbehrungen jetzt abzuwerfen, in diesem kurzen Erfolgsmoment, ist für viele Sportler einfach überwältigend.
Das Brutale daran ist, wenn ich das Siegerpodest verlasse, geht der geliebte, verfluchte Trott erneut von vorne los. Meister werden ist nicht schwer, Meister bleiben hingegen sehr. Und was das bedeutet, weiß jeder Spitzensportler. Denn vor dem Erfolg haben die Götter den Schweiß gesetzt.
Und Schweiß heißt nicht nur schwitzen. Das heißt Finanzierung, das heißt Doping, das heißt Ernährung, das heißt steigende Trainingsbelastung, das heißt Verletzung, das heißt Gewicht, das heißt Misserfolg und Krise, das heißt Medikamente, das heißt Presse und Medien, das heißt Sponsoren, das heißt Ausbildung, das heißt Familie, das heißt Freizeit, das heißt Training, Training, Training und noch einiges mehr. Überall dabei ist der Trainer.
Und für all Diejenigen, für die das nichts ist, die sollten sich im Individualsport, im Gesundheitssport, im Freizeitsport oder im Volkssport verwirklichen. Aber auch die ganzen Außenstehenden, Funktionäre, Politiker, und Zuschauer sollten sich bei der Beurteilung dieser Leistungen immer fragen, ob sie überhaupt den nötigen Sachverstand besitzen, darüber zu urteilen und einen Trainer in seiner Arbeitsweise zu kritisieren. Denn der wird ausschließlich nach Erfolgen abgerechnet. Nicht nach seelischen Streicheleinheiten. Wer Hochleistungssport nicht aushält, hat immer eine Wahl. Er sollte einfach Angeln gehen.

 

V. H.               März 2021

 

PSV Zittau e.V. Abteilung Ski